Sonntag, 7. Oktober 2012

Wie leben mit einer Depression....meine Geburtstagsgeschichte...

Ich beschreibe die Depression wie ich sie subjektiv erlebe, dies ist keine wissenschaftliche akademische Abhandlung.
Wie damit umgehen, wenn ich lebe aber lieber tot sein will, wie damit umgehen, wenn ich schlafen will und muss, aber nicht kann und sich eine schlaflose Nacht an die nächste reiht...wie damit umgehen,  wenn ich mich schlecht und wertlos fühle, weil ich aufgrund der Depression nicht leistungsfähig bin, mich wie gelähmt fühle, nicht aktiver produktiver Teil der Gesellschaft sein kann, mich fühle wie ein Geduldeter, ein Schmarotzer, ein nicht für ernst genommener, ein Ausgegrenzter bin...
Wenn das Leben an Dir vorbei zieht, du apathisch und teilnahmslos und ohne Emotionen zuschaust...wie umgehen, mit dieser Unerträglichkeit....Wie damit fertig werden, wenn ich bei vielen Gelegenheiten, teilweise grundlos in Tränen ausbreche, ständig eine tiefe Traurigkeit und Trauer in mir verspüre...wie damit umgehen, wenn mein Geist nicht zur Ruhe kommt, wie damit umgehen, wenn mich ständig Existenzängste plagen....
Wenn ich meine wenigen Freunde nicht hätte, mit denen ich vor 30 Jahren in der Suchthilfeeinrichtung diesen Weg der Nüchternheit gemeinsam begonnen hätte, mit denen ich heute noch privat aber auch über die Gruppen der Anonymen Alkoholiker verbunden bin, hätte ich mir schon das Leben genommen.

Meine nüchternen Freunde haben mich zu keiner Zeit im Stich gelassen, mit ihrer Hilfe, mit ihrer Anteilnahme konnte und kann ich immer rechnen, umgekehrt gilt das für sie aber auch, sie können immer mit meiner Hilfe rechnen. Aber es ist eine tiefe Freundschaft zwischen Menschen, die schon in jungen Jahren vom Tode gezeichnet waren und die es gelernt haben, mit ihrem so Sein in einer feindlichen fremden Umgebung die so oft so anders ist und so anders handelt...zu überleben....

Die meisten Menschen sind mit den Jüngern von Jesus von Nazaret zu vergleichen, mit denen sich Jesus in den Garten Gethsemane zum beten zurück gezogen hatte, weil er wußte, dass nun sein letzter Weg ihm bevor stand der am Kreuz enden sollte. In dieser Nacht würde sein Jünger Judas ihn an die Pharisaer verraten und die Soldaten zu ihm führen.
Er soll, so ist in den Evangelien nachzulesen, seine Jünger gebeten haben, mit ihm zu beten und zu wachen. Stattdessen fand er sie unter den Ölbäumen schlafend vor, was ihn veranlasste, folgende Bemerkung zu machen: "Das Fleisch ist willig, doch der Geist ist schwach."

Ich komme nach 54 Lebensjahren zu ähnlicher Erkenntnis.....wir sind noch zu sehr Tier...vom animalischen, auf uns bezogenen besessen und viel zu wenig Mensch im Sinne des Humanismus. Im Grunde genommen geht es immer um den "Futtertopf" im übertragenen Sinne....im Moment besetze ich einen Futtertopf, wenn ich tot bin, dann nicht mehr, es geht, natürlich verlogener und versteckter, um fressen und gefressen werden, mit wenigen menschlichen Ausnahmen....weil diese Menschen aufgrund ihrer Haltung, ihrer Erziehung, ihrer Religiösität, ihres persönlichen Schicksals wegen sich für eine andere Lebensform entschieden haben. Das gilt aber für sehr wenige Menschen..der Rest verstellt sich verlogen, heuchelt Anteilnahme, weil man es so macht, oder aus Feigheit...deshalb ist für mich das versteckte alltägliche Böse viel viel tödlicher und gemeiner als das offensichtlich Böse...denn das versteckte Böse täuscht, lügt, heuchelt, verhält sich wie ein Chamäleon, wechselt bei Bedarf die Überzeugung, glaubt und hofft nichts, Fressen, Gelten, wer und was scheinen wollen, nicht wer Sein wollen, denn viele sind nur Schein und wenige sind wirklich Sein....

Wer machte dich so krank?
Daß du so krank geworden,
Wer hat es denn gemacht? –
Kein kühler Hauch aus Norden
Und keine Sternennacht.

Kein Schatten unter Bäumen,
Nicht Glut des Sonnenstrahls,
Kein Schlummer und kein Träumen
Im Blütenbett des Tals.

Kein Trunk vom Felsensteine,
Kein Wein aus vollem Glas,
Der Baumesfrüchte keine,
Nicht Blume und nicht Gras.

Daß ich trag Todeswunden,
Das ist der Menschen Tun;
Natur ließ mich gesunden,
Sie lassen mich nicht ruhn.

von Justinus Kerner

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich denke es wäre zu einfach, Menschen in nur zwei Kategorien einzuteilen. Gut, böse, wer entscheidet das, woran macht man es fest. Wer oberflächlich betrachtet böse erscheint, kann unter dieser vielleicht vor manchem schützenden Oberfläche, ein herzensguter Mensch sein. Wärend ein anderer vielleicht offensichtlich gut erscheint, aber in seinem Innersten einen schlechten Charakter beherbergt. Und wer bin ich, wenn ich den Wert eines Menschen an seinen Fehlern bemesse, oder ihn aufgrund seiner vergangenen Taten verurteile.