Samstag, 23. Oktober 2010

Wir Menschen als Meister des kollektiven Selbstbetruges...

Wer meinen Blog verfolgt, weiß, dass ich dem Nachdenken gegenüber nicht abgeneigt bin. Wir alle denken im Laufe unseres Lebens sicherlich hin und wieder über den Sinn des Lebens nach...mit welchen Ergebnissen auch immer...
Nach allem was ich über unsere Spezies weiß, hatten wir von Anbeginn an nur als Gemeinschaft eine Überlebenschance. Nur die Gruppe, die Sippe in der wir lebten, garantierte uns ein Überleben in einer uns feindlich gesinnten Umwelt. Der Sinn des Lebens bestand in der Eerhaltung des Kollektivs, der Gemeinschaft, der/die Einzelne nahm sich zurück, weil Individualität überhaupt nichts gebracht hätte, sondern wir nur mit den anderen überleben konnten. Keine unserer körperlichen Eigenschaften ist so überlegen, dass wir es alleine mit wilden Tieren hätten aufnehmen können. Wir sind weder besonders schnell, noch besonders stark, können nicht weit springen, haben kein Raubtierähnliches Gebiss, sind nicht besonders groß und verfügen nicht über viel körperliche Masse. Einzeln waren wir gefährlichen Tieren kaum gewachsen. Nur als Gemeinschaft waren wir stark.
Ich nehme deshalb an, dass es damals für unsere Artgenossen die größte Strafe war, von der Sippe verstoßen worden zu sein oder aufgrund von Verletzungen den Anschluß an die Sippe verloren zu haben.
Nur als Teil der Gesamtheit aller Gruppenmitglieder der Sippe fühlte man sich wohl und geborgen, hatte das Leben Sinn.
Nun sind seit dem Auftreten der ersten Homo Sapiens etwa 160000 Jahre vergangen, wir Menschen haben uns seitdem weiterentwickelt, Mithilfe unseres Gehirns ist es uns gelungen, durch Technik, unsere Defizite auszugleichen, ja mittlerweile dominieren wir diesen Planeten Erde.
Im Laufe der Jahrtausende haben wir mit unserer Spezies unterschiedlichste Erfahrungen gemacht, auch mit der Gemeinschaft, dem Kollektiv, gab es immer wieder diverse Probleme, wir führten Kriege als Gemeinschaft, als Nation, töteten unzählige Menschen, richteten teilweise nicht wieder gutzumachenden Schaden in unserer Umwelt an, rotteten unzählige Tier-, aber auch Menschen aus, indem wir ihren Lebensraum zerstörten.
Trotzdem gilt für alle Tierarten, auch für die Tierart Mensch, das oberste Primat der Erhaltung der Art.
Im Unterschied aber zu Tieren, die ausschließlich ihrem Instinkt folgen, haben wir Menschen ein Bewußtsein entwickelt, die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur kritischen Sicht auf das, was wir als Einzelne und als Gattung Mensch angerichtet haben.
Das hat die Sinnfrage äußerst erschwert. Wir trauen zum Einen dem Kollektiv nicht mehr, stehen unserer Gattung skeptisch gegenüber, insofern ist es immer schwerer geworden, den Sinn aus der Arterhaltung abzuleiten. Der Gemeinschaft ein größeres Gewicht beizumessen.
Deshalb haben wir begonnen, die Sinnfrage zu individualisieren, Jeder/Jede ist seines/ihres Glückes Schmid. Das Gelingen und das Nichtgelingen des Lebens wird dem einzelnen Individium zugeschrieben, klappts, war er/sie erfolgreich, klappts nicht, Pech gehabt.
Ich halte das für eine Lebenslüge...denn wie bei allen anderen Lebewesen macht unser Leben ohne die Gemeinschaft keinen Sinn. Leben ist kein Selbstzweck, sondern Leben dient aus meiner Sicht dazu, an der Arterhaltung mitzuwirken. Denn entweder hat das Leben der Spezies Mensch insgesamt Sinn...als Gemeinschaft...oder es hat keinen Sinn....dann ist es Selbstbetrug, es auf den/die Einzelne herunterzubrechen.
Ich bin mir ziemlich sicher auch wenn ich weiß das es nichts ändern wird, das viele Probleme unserer heutigen Zeit daraus resultieren, dass dem/der Einzelnen der Sinn des Lebens selbst überlassen bleibt.
Sicher geht es im Leben darum, meine Fähigkeiten zu entwickeln, egal in welchem Bereich sie liegen, aber unabhängig davon haben sie keinerlei Wert, wenn ich Sie nur für mich selbst entwickeln würde.
Wir sind nicht umsonst so sehr auf Anerkennung aus, egal in welcher Form und durch wen. Ob im Beruf, in der Familie, im Freundeskreis, überall ist es uns sehr wichtig, geschätzt und gebraucht zu werden. Auch unsere Statussymbole, ob Auto, Haus, Schmuck, gute Anstellung, viel Geld, gutes Aussehen, würden ja wenig Wert haben, wenn es nicht die anderen gäbe. Wers nicht glaubt, stelle sich bitte vor, mit seinem ganzen Können und Besitz auf einer einsamen Insel zu sein ohne Hoffnung, jemals wieder Menschen zu sehen. Allein den Gedanken könnten die meisten kaum ertragen, geschweige denn die Realität dessen.
Deshalb ist es eine kollektive Lüge, den Sinn des Lebens im eigenen kleinen unbedeutenden, im Bezug auf die Wichtigkeit der anderen Menschen für mein Leben, suchen zu wollen. Selbst all jene, die sich den Luxus der Askese leisten, zurück gezogen als Eremiten oder im Kloster zu leben, alle tun Sie das im Bewußtsein, das es da draußen das Kollektiv gibt, das für die Arterhaltung sorgt. Denn kein Eremit, kein Gläubiger allein im Kloster kann die Arterhaltung garantieren, das kann nur die Gemeinschaft der Menschen. wir können uns nicht durch uns selbst vervielfältigen, das ist aber auch gut so.
Deshalb ist es immens wichtig, für das Kollektiv der Menschen als auch für den Einzelnen, dass wir versuchen, unsere Welt so zu gestalten und zu behandeln, dass wir auch als Kollektiv einen Sinn in unserer Existenz sehen können.
Denn: "Eine Kette ist nur so stark, wir ihr schwächstes Glied." Das heißt aber auch, die Menschheit bedarf des einzelnen Menschen, aber der einzelne Mensch bedarf auch der Menschheit, dem Kollektiv, der Gemeinschaft. Dann macht alles einen Sinn. Aber nicht losgelöst voneinander. Meine innerste Überzeugung.
Wir brauchen einander...dass sollten wir akzeptieren und schätzen, so schwer wie es uns manchmal fällt. Und unseren kleinen Beitrag zum Gelingen des großen Ganzen beitragen. Alle anderen Antworten auf den Sinn des Lebens gibt es dann nicht mehr im Diesseitigen sondern im Jenseitigen. Und das ist auch gut so.

Randolf im November 1981