Freitag, 21. November 2014

Und nun......

was war...was ist..was wird.... Was war....ja was war....es gab für mich...wie für uns alle, die Stunde Null...meine Geburt...der Tag an dem ich das Licht der Welt erblickte. Von diesem Tag der Geburt an wünschen wir uns meist alle ein Leben, das wie von einem roten Faden geführt, deswegen heißt es ja, den Faden nicht aus der Hand legen, uns geradlinig durch das Leben führt. Wir immer einer inneren Bestimmung folgen..wissen..was richtig und falsch ist...Eltern und ein soziales Umfeld haben, die uns dabei behilflich sind, von Anbeginn an behütet und mit weiser Umsicht unseren Lebensweg zu gehen. Das ersehnen wir, das benötigen wir...das wäre wünschenswert. Doch leider kommt es manchmal im Leben anders..als von uns ersehnt, erwünscht. Es gibt für unser Leben keine Blaupause, es gibt so viele Abhängigkeiten, so viele soziale Begleiterscheinungen...das Umfeld in dem wir aufwachsen, die Eltern die wir haben, die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen ich aufwachse, das Klima...lebe und wachse ich in Frieden auf, habe ich genug zu essen und zu trinken, kann ich Angst frei..ohne Bedrohungen aufwachsen....es gibt so viele Unwägbarkeiten...habe ich Geschwister, wachse ich alleine auf, bin ich der Jüngste in der Familie, der Älteste Geschwister, sind meine Geschwister Jungen und Mädchen, sind es nur Jungen, sind es nur Mädchen...alles Einflüsse, die prägend auf uns wirken....nichts bleibt ohne Folgen..alles wirkt auf uns....hinzu kommt meine eigene körperliche und geistige Verfassung, bin ich gesund....habe ich Krankheiten, vielleicht chronische Krankheiten....werde ich gefördert..erfahre ich Unterstützung... Warum schreibe ich hier..erzähle von mir..berichte aus meinem Leben? Ich schreibe gegen das Vergessen, gegen mein eigenes Vergessen, denn vieles habe ich schon vergessen...große Bereiche meiner Kindheit liegen leider im Dunkeln...woran es liegen mag...ich weiß es leider nicht... An einige Ereignisse erinnere ich mich..vieles liegt aber im Dunkeln..aus meiner Kindheit..meiner Jugend...und es quält mich...ich möchte gerne wieder mehr über mein frühes Leben wissen...meine Erinnerung zurück erhalten.... Ich hoffe über das Schreiben darüber wieder mehr zu erinnern.... Wir waren keine "normale" Familie....denn meine Familie war schon sehr durch den II. Weltkrieg belastet worden. Mein Vater kam 1933 in Schlesien in Kunersdorf zur Welt. Sein Vater war Otto Treutler, seine Mutter hieß Ida Treutler. Die Mutter meines Vaters war in zweiter Ehe mit Otto Treutler verheiratet, aus erster Ehe hatte sie noch zwei Töchter, Elisabeth und Christa. Der Vater meines Vaters war Teilnehmer im 1. Weltkrieg und er hatte schwere Verletzungen an seinem Körper und seiner Seele davon getragen, die später dazu führten, dass er Trost und Vergessen im Alkohol suchte und er in die Abhängigkeit geriet. Er kümmerte sich in der Folge wenig um die Familie...um seinen Sohn und auch in finanzieller Hinsicht war er nicht sehr fürsorglich. Das führte dazu, dass sich meine Großmutter von ihm trennte und in der Folge ihre drei Kinder allein groß zog. Mein Vater wuchs also in einem reinen Frauenhaushalt auf. Bis zum Jahre 1945/46 lebte mein Vater mit seinen Schwestern und der Mutter in Hirschberg heute polnisch Jelenia Góra. Im Frühjahr 1946 wurden Sie von den vorrückenden polnischen Soldaten vertrieben. Mein Vater flüchtete mit seiner Mutter und den Schwestern nach Prag. Vertreibung der Schlesier 1945/46
In Prag konnten man Vater  und seine Familie sich auch nicht lange aufhalten...zumal die Gewalt gegen Deutsche mehr und mehr zunahm...und so wurden sie von den Tschechen auch vertrieben und sie mussten wieder nach Hirschberg, heute Jelenia Góra, fliehen. Dort waren aber schon alle Häuser von Polen besetzt...und die Deutschen mussten endgültig ihre Heimat aufgeben..zumal die Gewalt gegen sie..die Übergriffe dramatisch zunahmen.
So floh die Familie meines Vaters nach Westdeutschland. Unterwegs, so erzählte mein Vater mir, wurde der Treck immer wieder angegriffen, wenn sie irgendwo übernachteten kam es vor, dass er beim Erwachen Tote sah..die die Nacht nicht überlebt hatten und die von Ratten angefressen worden waren.
Ich kann mir nicht vorstellen, wie das auf meinen Vater und seine Familie gewirkt haben muss, aber gerade die Kinder, mein Vater war 13, werden schwere traumatische Erlebnisse gehabt haben..ich bin sicher..mein Vater haben sie ein Leben lang begleitet..seine spätere Härte, auch uns Kindern gegenüber, rührte daher, zudem war es sicher schwer für ihn, ohne Vater, ohne männliches Vorbild in seiner Familie, nur mit Frauen, aufzuwachsen. Auch das war prägend für das spätere Männerbild meines Vaters. Solche Traumata werden unbewusst weiter gegeben...deswegen bin ich überzeugt davon, dass meine Generation mehr oder minder bewusst auch heute noch an den Kriegsfolgen leidet. Ich für meinen Teil bin mir sicher. Meine Erziehung, meine Kindheit, meine Jugend wäre anders verlaufen.....wären meinem Vater diese traumatischen Erlebnisse erspart geblieben. Und nach dem Krieg ging das Leben weiter...keiner sprach mit Ihnen..keiner fing diese traumatischen Erlebnisse auf..die Erwachsenen hatten mit sich zu tun..mussten das zerstörte Land wieder aufbauen, sich um die Überlebensnotwendigen Dinge kümmern..Essen und Obdach.....vieles wurde später einfach verdrängt..man wollte nicht mehr nachdenken, mit dem Verlust der Heimat irgendwie fertig werden, mit der Zerstörung, den vielen vielen Toten, mit den grausamen Erkenntnissen über diesen Krieg, mit dem Verlust von Familie, Verwandtschaft, Freunden, sozialem Umfeld...eine sehr grausame und brutale Zeit.....
Mein Vater und seine Familie kamen dann irgendwann im Flüchtlingslager Friedland an. Wie lange mein Vater mit seiner Familie dort war, habe ich leider nicht erfahren. Es wurde über diese Zeit überhaupt nicht geredet..ich habe es nur erfahren, weil ich meinen Vater danach gefragt habe. So wird es in vielen Familien gewesen sein, das erlebte war einfach zu schrecklich.
Und derartige Dramen spielen sich gerade jetzt wo ich das hier aufschreibe weltweit ab, in Syrien, in der Ukraine, in vielen Teilen Afrikas.....wir lernen nicht aus der Geschichte....weil die Generationen, die derartiges erlebt haben, irgendwann sterben.....und die nachfolgenden Generationen verdrängen und vergessen das Geschehene..und so wiederholt sich Geschichte immer wieder....
Wir reden jetzt..25 Jahre nach Glasnost und Perestroika wieder vom Kalten Krieg.....wir haben nichts gelernt...wir denken immer noch in Lagern..wir haben nie damit aufgehört..wir denken und handeln immer noch in Machtblöcken..Interessen gelagert.....Das ist unser Problem..wir sehen nie das große Ganze.......Und immer ist der jeweils andere Schuld....Verantwortlich.....das erlebe ich seit ich mich bewusst mit Politik befasse...Wahner und Mahner wurden und werden nicht ernst genommen..auch jetzt nicht....