Sonntag, 9. Juli 2017

Die Jahre vergehen....Gedanken...unsortiert.....

jetzt sind es schon 58 Jahre die vergangen sind....in wenigen Monaten werde ich..wenn es so sein soll, 59 Jahre.....ein für mich hohes Alter....bin ich doch davon ausgegangen, nicht das dreißigste Lebensjahr wegen meiner Suchterkrankung, aber auch psychischen Probleme zu erreichen....denn selbst als ich "clean and dry" war suchten mich massive Selbstmordgedanken heim....ich malte mir meinen eigenen Selbstmord aus...durchlebte Angst durchsetze Nächte..wachte schweißgebadet auf.....es war die Hölle die ich nüchtern durchleben musste.....
Meine Gedanken machten mir Angst...denn einerseits wollte ich leben, andererseits bereitete mir das Leben, das Überleben so viele Probleme....
In den nunmehr über 35 Jahren Jahren meiner Nüchternheit habe ich sehr viele einsame Kämpfe mit mir selbst ausgefochten, für viele nicht sichtbar, in denen ich mit mir, meiner Nüchternheit, meinem Lebensweg, meinen Zweifeln und Ängsten, aber auch mit meiner Wut und Enttäuschung gerungen habe....denn ich habe auch sehr sehr bittere Erkenntnisse machen müssen...die mich tief innerlich verwundet haben...

Was hat mir Kraft und Zuversicht gegeben.... mein Geist...die Erinnerung an die Zeit in der ich "drauf!" war...verglichen mit dieser Zeit ging es mir tatsächlich besser..ich war clean...fühlte mich....konnte klar denken...handeln....war frei....zu tun und zu lassen was ich wollte.....................ein großes Geschenk nach jahrelanger Abhängigkeit..aber das war nur eine Seite..ich war auch oft furchtbar einsam...spürte meine Isolation..mein Anders sein als die anderen..obwohl ich jetzt clean war....früher bekam ich keinen Zugang weil ich "drauf" war...viele wandten sich von mir ab..wollten nichts mehr oder gar nichts mit mir zu tun haben....anfangs litt ich darunter..später aus Trotz, aus Wut, aufgrund der Verletzungen identifizierte ich mich mit dem Außenseiter sein..provozierte bewusst durch mein Auftreten und Verhalten....dachte..wenn ihr das in mir seht, dann bekommt ihr genau das....
Nun war ich nüchtern....und ich fühlte mich trotzdem oft nicht "zugehörig", stand abseits....sprach eine andere Sprache, hatte andere Interessen, mein Blick auf das Leben, auf mich....war anders...Verstanden, Zuhause fühlte ich mich nur unter Gleichgesinnten...unter genesenen Süchtigen....sie verstanden ..fühlten was ich fühlte...teilten meine Gedanken....wussten, wie schwer es war...in einer trinkenden recht oberflächlichen gedankenlosen Gesellschaft nüchtern zu leben... selbst meine Familie, meine Eltern und Geschwister verstanden mich nicht..wollten mich nicht verstehen..für sie war das mit der Sucht wie mit einer Blinddarmentzündung...wenn der Blinddarm entfernt wurde, ist doch wieder alles in Ordnung..wenn du nicht mehr trinkst, keine Drogen und Tabletten mehr nimmst, dann ist doch alles ok....dann hast du doch keine Probleme mehr....das die Suchtkrankheit nur zum Stillstand gebracht werden kann, nicht aber geheilt werden kann, war für sie nicht nachvollziehbar....darüber zu reden, wurde ihnen im Laufe der Jahre immer lästiger....ich aber durfte nicht vergessen, warum ich nicht mehr trank..wollte ich nicht wieder rückfällig werden...

Meine Erkenntnis die ich daraus abgeleitet habe: Wir bleiben immer einsam...Zeit unseres Lebens...in uns gefangen...mit unseren Gefühlen..unseren Gedanken..unserer Geschichte....unserer Sicht auf die Welt und auf all das was in ihr lebt und geschieht....wir können die Einsamkeit im Gespräch durchbrechen...uns uns gegenseitig annähern..indem wir uns ehrlich begegnen..davon berichten..was wir fühlen..wie es uns geht....was uns antreibt...welche Motive unser Leben leiten...

Ich habe große Teile meines Lebens allein mit mir verbracht...nur kurz unterbrochen durch einige Beziehungen, in denen ich versucht habe, Beziehung zu führen....es ist mir nicht sonderlich gut gelungen....der Weg vom ich zum Du ist nicht so einfach zu beschreiten..für mich nicht einfach zu beschreiten....denn..

bist du mit dir allein....erlebst du deine Einsamkeit anders als in einer Beziehung....denn aus Einsamkeit kann keine Zweisamkeit erwachsen...letztlich bleiben beide einsam..sie können nur durch Dialog, durch das Gespräch..durch Nähe..Berührung..Zärtlichkeit die Einsamkeit überwinden....und das..so sehe ich das zumindest...idealerweise dann...wenn beide eine sehr ähnliche Wahrnehmung und Weltsicht haben.....wenn zwei Menschen sehr unterschiedlich sind..in ihren Charaktären...in ihrer Wahrnehmung..ihrer Weltsicht....kann die Einsamkeit noch schmerzhafter sein..weil beide sich oft unverstanden..isoliert...fühlen....Ich habe dieses Gefühl oft in Beziehungen gehabt....ich habe mich fremd im Leben der anderen gefühlt..nicht dazu gehörig....manchmal lag ich nachts wach neben ihr..und fragte mich..was machst du hier...wenn ich diese Gedanken und Gefühle hatte..war oft das Ende der Beziehung nicht weit....die aus meiner Wahrnehmung heraus keine war....

Mir ist aufgefallen, das die meisten Menschen gefangen sind im hier und jetzt...kaum oder gar kein Bewusstsein dafür haben...das es viele Welten, viele Lebensmöglichkeiten, Lebensentwürfe gibt....nicht nur die in unserer westlichen Welt favorisierten...auch habe ich oft das Gefühl, dass viele Menschen ihre Endlichkeit, die mit ihrer Zeugung, ihrer Geburt manifestiert wurde, nicht wahrhaben wollen...ich muss einräumen..dass es mir auch schwer fällt, mir vorzustellen, nicht mehr zu sein....trotzdem bin ich mir täglich dieser Tatsache bewusst..ich empfand und empfinde mich heute noch als ein flüchtiger Gast auf dieser Erde...und wenn ich auf mein Alter blicke..zurück blicke..daran denke, dass manche Ereignisse mir vorkommen, als seien sie gestern erst geschehen, dabei liegen sie Jahre..manchmal Jahrzehnte zurück....dann nehme ich die Flüchtigkeit....den schnellen Ablauf der Zeit ganz deutlich wahr....

Was mir auch half...auch mir zeitweise zu entrinnen..mich zu vergessen..der Realität zu entrücken..war Erotik und Sex...ich war zeitweise..über Jahre..richtig gehend Sex süchtig...der Orgasmus half mir...einen Moment einen kleinen "Kick" zu haben...ein kurzer heftiger Rausch..Berührung..den Sinnen ganz und gar hingegeben....Es war eine richtige Suchtverlagerung...so nennt man das..Sex war meine Ersatzdroge...ich konnte nicht einschlafen, wenn ich nicht mindestens einmal abends Sex hatte..oft onanierte ich noch zusätzlich....es war phasenweise nicht mehr schön...denn von genießen konnte keine Rede mehr sein...ich vergewaltigte mich...und indirekt auch meine Partnerinnen..nicht wirklich...aber ständig Lust hatten sie auch nicht....

Ich habe auch zu keiner Zeit in meinem Leben routiniert mein Leben abspulen können, jeder Tag war für mich eine Herausforderung, mal mehr, mal weniger, je nachdem wie es mir ging, selbstverständlich leben ist mir fremd, kenne ich nicht...auch pure Lust am Leben nicht, Momente, in denen es so war und ist, wohl..aber ständig nein....

Meine Erkenntnis daraus: Manchmal hilft einfach nur standhalten, aushalten, ertragen, durchleben.....denn mir hätten weder kluge Sprüche geholfen noch sonst irgendwelche weisen Ratschläge....ich musste durch diese Prüfungen gehen auf dem Weg zu mir.....es hätte mir auch nicht geholfen..wie andere damit umgehen..es war meiner persönliche Hölle, meine Lebenszweifel, meine Lebensangst, meine Desillusionierung..mein Drama.....es war ein Kampf zwischen leben wollen und Todessehnsucht...
Vieles habe ich nur mit Hilfe meines starken Geistes überstanden...denn meine "Gefühlswelt" ist meine Schwachstelle...da bin ich verwundet, Verwundbar..und sehr unsicher..wenn es in meinem Leben um Gefühle ging, besaß ich zu keiner Zeit Souveränität...ich hatte und habe immer Probleme mit Nähe und Distanz...am wohlsten fühle ich mich ohne Beziehungen mit großen Gefühlen, dann fühle ich mich souverän...starke Gefühle für jemanden lassen mich mich als schwach und hilflos empfinden...deshalb habe ich immer Probleme damit gehabt und habe sie noch, Menschen sehr nah an mich heran zu lassen...in gewisser Hinsicht, warum auch immer, war ich Beziehungsunfähig...richtig wohl habe ich mich selten in Beziehungen gefühlt..mir fiel es auch sehr schwer, zu vertrauen....

Ich habe mir gerade diesen Text, den ich vor wenigen Tagen geschrieben, aber noch nicht veröffentlich hatte, noch einmal durch gelesejetzt mit etwas Abstand stimme ich trotzdem mit allem von mir geschriebenen Inhaltlich überein..so war es..so ist es.....
Das wahre Leben in uns ist ganz leise, ganz unspekatakulär...ja ganz gewöhnlich....ob wir es wahr haben wollen oder nicht....wir ahnen und verdrängen es...wollen glauben...annehmen..mehr zu sein, als wir sind..unserem Leben Bedeutung geben..Inhalt...Würde.....
Unser Leben hat Bedeutung, für die kurze Zeit unseres Lebens.....vielleicht..mit etwas Glück..hier und da für nachfolgende Generationen....meist enge Angehörige, Freunde, Familie, Kinder...der Rest wird uns sehr schnell vergessen, das erlebe ich immer wieder..und dies wird schlimmer in unserer modernen Welt, in der nur ist was ist...nur der Moment zählt..die Hatz nach dem Besonderen...Erleben...
Im Laufe meines Lebens habe so viele mir nahe und weniger nahe Menschen durch ihren Tod verloren.....und mich erstaunt..wie schnell sie aus unserer Erinnerung getilgt werden..zumindest im Alltag, im Gespräch finden sie keine Erwähnung...als seien sie nie da gewesen...es kann natürlich sein..das meine Gesprächspartner auch an sie denken..es aber nicht in Worte fassen...

Wie dem auch sei....unsere Gesellschaft verändert sich...die Geschwindigkeit der Ereignisse, mit denen wir konfrontiert werden..durch die neuen Medien nimmt zu.....

Stellen wir uns kurz die Welt vor 200 Jahren vor....es gabe kaum Medien..elektronische schon gar nicht, was also bewegte die Menschen? zunächst nur das, was sich in ihrem oft sehr kleinen und isolierten Umfeld ereignete..das täglich Einerlei....die Routinen des Lebens....unterbrochen durch besondere Ereignisse wie die Geburt eines Kindes, eine Hochzeit, der Tod eines nahe stehenden Menschen, Feste, gute und schlechte Ernten....und vielleicht dieses oder jene Menschliche Schicksal und Drama, was sich zu allen zeiten zwischen Menschen ereignet hat....sonst verlief ihr Leben ruhig und in beschaulichen Bahnen..

Mit wie viel mehr Informationen muss der heutige Mensch und sein Gehirn fertig werden, was muss das Gehirn alles verarbeiten..und speichern..sowie löschen..um Platz für neue Ereignisse zu machen...ich bin fest davon überzeugt, dass die Fülle an Informationen, die unser Gehirn verarbeiten muss, letztlich auch unser Gedächtnis...sowohl das Kurzzeitgedächtnis, aber noch viel mehr das Langzeitgedächtnis beeinträchtigen werden..wir werden uns an immer weniger erinnern können..mit vielleicht verhängnisvollen Folgen für die Menschheit..weil Erinnerung auch oft Mahnung war...Fehler nicht zu wieder holen...ohne Erinnerung an sie..wird der/ die einzelne sie möglicherweise wiederholen..sowie das Kollektiv auch.....spontane Gedanken....