Samstag, 11. April 2015

Alle Menschen, die ich jemals in meinem Leben kennen gelernt habe,

einige von Ihnen sehr sehr intensiv, wie Eltern und Geschwister, aber auch Freunde und sogar flüchtige Bekanntschaften leben in mir weiter, sind ein Teil von mir, wenn ich es zulasse. So gibt es für mich kein sterben, denn die Erinnerung an die Verstorbenen lebt in mir weiter, und mit meiner Erinnerung leben auch sie für mich weiter, weil sie mich begleiten bis zu meinem eigenen leiblichen Ende. Wir kommen aus dem Dunkel, denn was vor unserer Geburt war, wissen wir nicht, und wir gehen ins Dunkel. Die Zeit der Dunkelheit, des Nichtwissen Könnens ist viel größer als die kurze flüchtige Zeit unseres irdischen Seins. Meine Eltern, meine verstorbene Schwester, meine Freunde, die schon verstorben sind, sind bei mir, weil ich versuche, nichts zu verdrängen, Erinnerungen, Gefühle, angenehme und unangenehme, zuzulassen. Denn nur wer bewusst lebt, gelebt hat, kann auch das Sterben, das Sterben anderer, aber auch das eigene, akzeptieren, wenn das nicht gelingen will, zumindest als gegeben hinnehmen. Den frühen Tod meiner Schwester Sabine habe ich nie akzeptieren können, ich bin bis heute fassungslos, ich habe aber gelernt, lernen müssen, ihn hinzunehmen. Mit der Geburt, unserer Geburt, beginnt unser irdisches Werden und gleichzeitig auch unser Vergehen. Mit dieser Widersprüchlichkeit des Lebens müssen wir lernen umzugehen. Wenn ich bewusst leben lerne, erkenne ich, dass jeder Tag ein Abschied nehmen ist. Diesen heutigen Tag, den 11.04.2015 werde ich nie wieder erleben können, er wird morgen unwiederbringlich vergangen sein, Vergangenheit sein. Ich habe schon während meines Lebens lernen müssen, das Leben Veränderung bedeutet. Jede(r) von uns lernt dies. Wir waren Säuglinge und sind von Säuglingen zu Kleinkindern, dann zu Kindern und später zu Jugendlichen geworden. Während dieser Veränderungen haben wir sichtbar körperliche aber auch geistig-seelische Veränderungen erfahren. Dieser Prozess währt unser gesamtes Leben. Er hört nie auf. Nur mit unserem leiblichen Tod. Seien wir neugierig und offen, was diese Veränderungen mit sich bringen, sie sind nie einfach...schon als Säugling mussten wir viel lernen, jeden Tag, als Kleinkind uns neuen Herausforderungen, Ängsten und Befürchtungen stellen, sie meistern lernen....als Jugendliche mussten wir den Spagat meistern vom noch reifenden jungen Menschen zum jungen verantwortungsvoll handelnden jungen Erwachsenen. Dieser Prozess ist einer der schwierigsten, müssen wir doch lernen, eine eigene Identität zu entwickeln, uns langsam von den Eltern emanzipieren, eigene Wege gehen, erkennen wie wir leben wollen, welchen Platz wir in der Gesellschaft einnehmen wollen und wie wir uns mit unseren Fähigkeiten in diese Gemeinschaft einbringen wollen. Ich weiß sehr gut wie kompliziert dieser Prozess ist, bin ich damals an dieser Stelle gescheitert und in die Abhängigkeit von Alkohol und anderen Bewusstseins verändernden Drogen geraten. Ich hatte massive Probleme damit, mich so zu akzeptieren, wie ich war. Ich fühlte mich oft minderwertig, hatte wenig Selbstwertgefühl und kompensierte dies mit Alkohol, Drogen und Tabletten und geriet dadurch in die Abhängigkeit. Meine Eltern waren mit der Problematik überfordert und so spitzte sich die Situation mehr und mehr zu. Ich habe Gott sei Dank diese Identitäts- und Lebenskrise lebend überstanden, mit Hilfe von Entgiftungen und Therapien und meine Lehren daraus gezogen. Eine davon ist bis Heute: Es gibt keine Flucht vor mir selbst. Ich musste also lernen, wollte ich leben und überleben, mich so zu akzeptieren wie ich bin. Jeden Tag aufs Neue. Denn jeder Tag ist ein Tag neuer Herausforderungen, denen ich mich stellen muss. Dies geht bis zum Tod. Ich werde mich immer wieder neuen Herausforderungen stellen müssen, seien es äußerliche oder innerliche. Zu den innerlichen Herausforderungen gehört der Prozess der Alterung, der Altersbedingten körperlichen und geistigen Veränderungen, dass Lernen des Los lassens..... In jungen Jahren strotzen wir vor Energie, haben das Gefühl, nie müde zu werden, könnten sprichwörtlich "Bäume" ausreißen. Wenn wir älter werden, müssen wir lernen, manchmal auf schmerzhafte Weise, das unsere Ressourcen begrenzt sind, das unser Leistungsvermögen nachlässt, körperliche Fähigkeiten schwinden, die Augen sehen schlechter, die Ohren hören schlechter, der Körper tut manchmal weh, wir haben das Bedürfnis häufiger Ruhephasen....ermüden schneller...usw.... Wir müssen auch neue Identitäten entwickeln lernen...das gehört auch dazu.....und uns unter Umständen neue Aufgaben suchen, unserem Alter entsprechend, die uns Sinn und Inhalt geben....... Das Leben ist, wie ich versucht habe deutlich zu machen, ein ständiges Werden und Vergehen.....wir müssen uns darauf einlassen, dann kann uns ein erfülltes Leben gelingen. Wir sollten nicht versuchen, Veränderungen zu blockieren, etwas festhalten zu wollen, denn dass könnte uns bitter und enttäuscht machen, weil wir erkennen werden, dass wir uns gegen diese Veränderungen nicht wehren können. Wir konnten es zu keiner Zeit. Der Säugling wird nicht gefragt, ob er Kind werden will, das Kind nicht, ob es Jugendlicher werden will und der Jugendliche nicht, ob er Erwachsen werden will. Sagen wir ja zum Leben, sagen wir damit auch Ja zu diesen Veränderungen in unserem Sein. Diese Prozesse gelten für alle Lebewesen, ja für alle Materie. Selbst Atome altern. Begleiten wir uns auf dieser Reise, geben wir uns Halt, bleiben im Gespräch, tauschen uns aus....teilen unsere Ängste und Befürchtungen, holen uns Rat, wenn nötig, aber auch unsere Freuden und Erfolge, unsere Leidenschaften und alles was unser Leben bunt und lebenswert macht, sollten wir teilen.