Montag, 24. Dezember 2012

Erinnerungen an meine Lebenszeit in der Suchthilfeeinrichtung "Die Fähre" in Essen vom 28.05.1982 bis 08.12.1986

Der Button der Band "AtmosFähre", die sich damals aus Mitarbeitern und Klienten der Suchthilfeeinrichtung "Die Fähre" bildete. Der Titel der Band "AtmosFähre" sagt etwas wesentliches über das Klima in der Fähre aus, das zur Genesung sehr wichtig war. Gewaltandrohung und die Ausübung von Gewalt führten zum sofortigen Rauswurf. Alle Klienten kamen mehr oder minder aus einer gewalttätigen Gesellschaft, und in einem solchen Klima kann man weder gesund werden noch gesund bleiben. Gesund werden und gesund bleiben kann ich nur, wenn ein offener, ehrlicher, weder von Gewaltandrohung noch von Gewaltausübung geprägter Umgang herrscht.
Hier ein Foto der Band "AtmosFähre", auf dem Innenhof der Suchthilfeeinrichtung "Die Fähre" in Essen. "Die Fähre" war ursprunglich ein Genesungsheim der Firma Krupp.



Ein sogenanntes Meeting in der Suchthilfeeinrichtung Die Fähre" Bei diesen Meetings wurde unter anderem auch die Befindlichkeit abgefragt, erörtert, ob es irgendwelche Probleme gab und Gelegenheit zu Feedbacks gegeben. Im Hintergrund sehen wir das Logo "Der Fähre", ein Fährmann, der übersetzt ans andere Ufer. Das war symbolisch zu sehen, für die Suchtkranken, die von einem süchtigem Leben in ein nüchternes Leben übersetzen. Ein solches Übersetzen birgt Gefahren, das Schiff, die Fähre kann kentern, die Besatzungsmitglieder und Übersetzende können untergehen. So kann es auch dem Suchtkranken ergehen, er kann auch beim Übersetzen scheitern und wieder rückfällig werden, trinken, Pillen schlucken, Drogen konsumieren, was auch immer, auf jedenfall sich seinem Leben, seiner Verantwortung für sich, entziehen. Es ist ein beschwerlicher und sehr gefährlicher weg, ich weiß es aus jahrzehntelanger Erfahrung.
Oben im Bild ist neben dem Logo der Fähre mit Schlips und weissem Hemd der Gründer der Fähre, Fred Kollorz, zu sehen. Ihm ist es zu verdanken und seinen Freunden, das es Menschen wie mir gelungen ist, dem Teufelskreis der Sucht zu entkommen und in meinem Fall fast drei Jahrzehnte zu überleben, rückblickend ein wahres Wunder...war ich früher nicht in der Lage, einen Tag ohne Stoff auszukommen....Danke Fred. Fred Kollorz ist vor wenigen Jahren 76jährig in Überlingen am Bodensee gestorben. Dort existiert eine neue Fähre, weil es im Jahre 1986 in Essen Probleme gab. Ich habe die Fähre in Überlingen besucht und mit Anne Kollorz, der Witwe von Fred Kollorz, sprechen können. Es war sehr schön für mich...nach so langer Zeit Freunde von damals wieder zu sehen.
Hier sehen wir eine Fotocollage, die mit sehr schönes Errinnerungen verbunden ist. In der Suchthilfeeinrichtung "Die Fähre" in Essen machten wir "fast" alles selbst, wir bauten unsere Häuser selbst, legten den Park an und pflegten ihn, wuschen und nähten unsere Wäsche, kochten unser essen selbst...fast autark versorgten wir uns selbst, um so den Suchtkranken ihr zerstörtes Selbstwertgefühl wieder aufzurichten, ihnen zu zeigen und die Erfahrung selbst machen zu können, du bist in der Lage, etwas wertvolles für deine Gemeinschaft in der Du lebst zu leisten. Jeder/jede wirkt an der entsprechenden Stelle und bringt seine Fähigkeiten mit ein. Auf den Bildern oben haben wir einen Auftrag ausgeführt, der darin bestand, 40000 Jungbäume in einem Waldstück einzuschlagen, also es wieder aufzuforsten. Das uns diese Arbeit sehr viel Freude bereitet hat, bedarf keiner Worte. Die Bilder und ein Blick in die Gesichter sprechen für sich.

Hier schlage ich gerade einen Jungbaum ein. Insgesamt haben wir damals, 1985, 40000 Jungbäume eingeschlagen.


Die folgenden Bilder sind eine ungeordnete Zusammenführung unterschiedlicher Aktivitäten in der Fähre. Sie sollen als Beleg dafür dienen, dass wir tatsächlich alles dort machten, auch unsere Häuser bauen, aber auch tanzen, sich amüsieren, dass mussten wir ja neu lernen, ohne Stoff, jahrelang, teilweise jahrzehntelang ging das nur mit Stoff, also Step by Step, Schritt für Schritt lernen, war sehr effektiv, ich zehre seit fast 29 Jahren von dem erlernten.

Gleichzeitig sind diese Bilder eine Würdigung all der Menschen, die ich dort kennen lernen durfte. Errinnerungen an eine für mich sehr bedeutsame Zeit im Leben, und nicht nur für mich, für hunderte...dass soll mit diesen Bildern deutlich gemacht werden, damit nicht alles in Vergessenheit gerät.

Eine besonders schöne Errinnerung an Freundin Iris mit entsprechender Widmung, die ich so schön finde, dass ich sie Euch nicht vorenthalten will:

Friedrich von Bodelschwingh über Trnker. Es ist schön und stärkend, mal etwas Positives über "uns" Suchtkranke zu lesen. 

 

 

Beseelt von der Hilfe zur Selbsthilfe - Artikel im Südkurier über den Gründer der Fähre Fred Kollorz anläßlich seines Todes im Jahre 2004. 



5 Kommentare:

Bruno hat gesagt…

Was hat denn die Band für eine Musik gespielt? Wenn das nicht zu aggressiv sein sollte und zugleich Laune machen sollte? Tanzmusik?

Randolf Treutler hat gesagt…

Hallo Bruno, die Band AtmosFähre hat melodischen Rock mit gut hörbaren unserer Problematik der Suchterkrankung und ihren Folgen entsprechenden Texten gemacht. Ich bin als "Roadie" mitgereist und habe beim Auf- und Abbau des Equipments mitgeholfen. Es war eine sehr schöne aber auch aufregende Zeit, machten WIR doch ALLE die ersten Schritte in der Gesellschaft ohne Stoff, in Jugendzentren, auf Open Airs und Bürgerfesten sowie vielen anderen Veranstaltungen...Dort wurde von den Gästen natürlich Alkohol getrunken, teilweise waren auch Drogen im Spiel. Wir alle mußten lernen, nüchtern damit umzugehen. Diese Erfahrungen haben mir sehr dabei geholfen, bis heute, nüchtern in dieser Welt zu leben und überleben.

Anonym hat gesagt…

hallo,
ich habe die Band damals als schüler in der gustav heinemann gesamtschule live gesehen.
der sond "black hair woman" ist bis heute in meinem kopf.
Leider ist das Demotape irgendwann mal weg gekommen,
ist es irgendwie möglich nochmal an den Song zu kommen?
ich würde den echt gern nochmal hören.
Nen guten Gruss
Dirk

Randolf Treutler hat gesagt…

Hallo Dirk,

leider habe ich das Stück "black hiar woman" nicht mehr, allerdings noch eine Kassette mit Stücken der Band. Wenn Du diese mal hören magst, sehr gern..oder weißt, wie man sie digitalisiert. Danke Gruß Randolf

Dirk Mentz hat gesagt…

Hallo Randolf, bin sicher, du kennst mich noch, - Dirk Mentz; - habe gerade durch "Zufall" deine Seite durchgesehen und finde sie wirklich gelungen. Auch dass Du alles so geordnet darstellst,-von den Anfängen der Fähre damals bis hin zum Ableben von Fred Kollorz. Er war immerhin auch für mich damals wie ein Vater, vor dem ich wirklich Respekt hatte, - und der in mir auch als erster die "Saite" über Gott zum Klingen brachte. Seit 1993 bin ich Christ, - habe aber bis auf den heutigen Tag allerlei Fehler gemacht, aber ich fühle mich innerlich geborgen im Wort Gottes und der Vergebung in Christus. Durfte auch über die Jahre hinweg -trotz einiger Rückschläge nunmehr frei von Suchtmitteln und auch dem Rauchen werden,- aber die >Kraft kam von Jesus. Ich bin ein zu großer Chaot, als dass ich es hätte selber schaffen können. Ist wahrscheinlich nicht so ganz Dein "Ding". Naja, zuweilen denke ich auch an die Zeiten der Band Atmos-Fähre zurück. Vielleicht kennst Du noch den Jürgen Weigl (ich glaube, so heißt er??), der hat so ziemlich alle Kassetten von unseren Auftritten damals. Er arbeitete zuletzt in einem Tierheim in der Nähe von Wuppertal-Beyenburg. Wenn Du noch Kontakt hast zu ihm, kannst Du, wenn du willst, die Bänder für den "interessierten Blogger" auf diesem Portal eventuell zuschicken lassen. Ja, dann würde ich mich freuen, wenn Du dich einfach mal über Google+ meldest, - wie du es auf dem Herzen hast. Auf jeden Fall Gottes Segen, und, wie Fred es immer sagte : Lass uns nicht allzu wichtig nehmen; Viele Grüße aus Wuppertal Barmen,
Dirk